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Bunderverfassungsgericht rettet Steuererleichterungen bei doppelter HaushaltsführungEhepaare, die in verschiedenen Städten arbeiten, können dauerhaft mit Steuererleichterungen rechnen. Das Bundesverfassungsgericht kassierte die zweijährige Befristung der doppelten Haushaltsführung. Nach dem Beschluss dürfen die Finanzämter den Werbungskostenabzug für doppelte Haushaltsführung in der Einkommensteuer nicht grundsätzlich auf zwei Jahre begrenzen. Die längere Abzugsfähigkeit muss auch rückwirkend zugelassen werden, entschied das Gericht am Dienstag. Es verwies die betreffenden Verfahren an den Bundesfinanzhof zurück, wo die beiden Beschwerdeführer zunächst kein Recht bekommen hatten. Wenn beide Ehepartner an verschiedenen Orten berufstätig seien oder die dienstliche Abordnung an einen anderen Ort immer wieder verlängert werde, verstoße die Frist gegen das Grundgesetz, urteilten die Karlsruher Richter. Nach den Worten des Gerichts muss die längere Abzugsfähigkeit auch rückwirkend bis 1996 zugelassen werden - zumindest für diejenigen, deren Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind. 1996 hatte der Gesetzgeber die Steuer-Abzugsfähigkeit der Mehrkosten für eine zweite Wohnung im Einkommensteuergesetz auf zwei Jahre begrenzt. In dieser Zeit könnte der Arbeitnehmer seine privaten Verhältnisse so regeln, dass er nur noch einen Wohnsitz brauche, hatten die Finanzbehörden argumentiert. Das sei in den beiden Fällen anders, widersprachen die Richter. Schutz von Ehe und Familie In dem ersten Fall war ein Universitätsprofessor vor das Verfassungsgericht gezogen, der von Frankfurt an die Berliner Humboldt-Universität gewechselt war, während seine Frau weiter in der Main-Metropole als Redakteurin und Lektorin arbeitete. Eine Begrenzung des Werbungskostenabzugs bedeute einen tiefen Eingriff in die Aufgabenverteilung in der Ehe, entschied das Verfassungsgericht. Nach den Worten der Karlsruher Richter stellen in diesen Fällen die Kosten für eine Zweitwohnung einen "zwangsläufigen Mehraufwand" dar, der auch über die Zweijahresfrist hinaus absetzbar bleiben muss. Das gelte für die Doppelverdiener-Ehe, wenn ein Partner anderswo eine Stelle annehme - sei es, um überhaupt Arbeit zu finden, sei es, um bessere Karrierechancen zu haben. Die Gründe für die Wahl eines entfernten Arbeitsplatzes spielten keine Rolle: Der Schutz von Ehe und Familie im Grundgesetz verbiete es dem Gesetzgeber, in die Lebensgestaltung der Partner einzugreifen und beispielsweise die Ehefrau durch Steuernachteile "ins Haus zurückzuführen". Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung Im zweiten Fall ging es um einen Polizeibeamten, der nach Berlin versetzt worden war. Die zunächst befristete Abordnung wurde mehrfach verlängert, so dass er dort schließlich sieben Jahre lang arbeitete. Mit der steuerlichen Begrenzung sei er anderen Beschäftigten gegenüber im Nachteil, die an wechselnde Orte versetzt würden und die doppelte Haushaltsführung immer wieder neu beantragen könnten, argumentierte der Polizist. Die Richter gaben ihm Recht: Die Zeitgrenze bei "Kettenabordnung" verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Denn einerseits blieben zwar die Kosten für Arbeitseinsätze an wechselnden Orten auch langfristig abzugsfähig, nicht aber der Aufwand einer Abordnung an eine gleich bleibende Stelle. Diese Ungleichbehandlung sei verfassungswidrig. Weil eine Abordnung naturgemäß zeitlich begrenzt sei, könne der Betroffene - im einen wie im andern Fall - keine sinnvolle Umzugsplanung entwickeln. Für eine Neuregelung gesteht das Gericht dem Gesetzgeber einen "erheblichen Gestaltungsspielraum" zum Beispiel hinsichtlich der Höhe der Abzugsfähigkeit zu. Durch die Einführung der Zweijahresgrenze hatte das Finanzministerium 1996 einen Spareffekt von rund 750 Mio. DM (383,5 Mio. Euro) erwartet. Wie viele Fälle doppelter Haushaltsführung es in Deutschland gibt, ist statistisch nicht genau erfasst. © 2003 Financial Times Deutschland | ![]() | |||||||||||||||||||||||